Kolumne

Gefahrenzone Standstreifen

Frau auf Standsteifen ausgestiegen: Tödlicher Unfall. – Zwei Tote bei Unfall auf Standstreifen. – Polizisten starben auf Seitenstreifen. – Immer wieder sind Horrormeldungen dieser Art in den Zeitungen zu lesen. Doch wie können Sie sich bei einer Panne retten?

Die Sommerferien sind da, die Blechlawinen rollen durchs Land und ewig lockt der Seitenstreifen. Raucherpause? Pinkelpause mit Kindern? Das Vorbeifahren an einem Stau? Ist das zulässig? Diese Frage ist mit einem klaren „Nein“ zu beantworten. Was viele Verkehrsteilnehmer nicht realisieren: Die einladende Leere des Standstreifens kann Sie Ihr Leben kosten. Nicht nur Pkw-Fahrer kommen auf dem Standstreifen um, auch Helfer, Polizisten und Rettungspersonal kann es erwischen.

Das erste Szenario

gefahrenzone standstreifen 300x169 - Gefahrenzone Standstreifen Es gibt viele Gründe für Autopannen. Der Motor überhitzt oder setzt aus, ein Reifen platzt, ein Zahnriemen reißt. Manchmal passiert das ausgerechnet auf der Autobahn. In diesem Fall dürfen Sie rechtmäßig Ihr Auto auf dem Standstreifen abstellen. Ähnlich ging es einem jungen Pärchen aus Heilbronn an einem schönen Sommertag. Ihr Auto fing an zu stottern. Gerade kamen sie aus dem Elsass, wo sie Wein für Ihre Hochzeit gekauft hatten. Am Weinsberger Kreuz blieben sie auf dem Standstreifen liegen. Sie stiegen aus und öffneten den Kofferraum, um zu kontrollieren, ob ihre Weinflaschen durch die Erschütterungen beschädigt wurden. In diesem Moment rauschte ein Lkw in sie hinein. Beide waren auf der Stelle tot. In der Woche darauf berichtete ein Kollege: „Gestern ist ein Zivi auf dem Standstreifen gestorben. Er wollte eigentlich nur helfen und wurde dann von einem Lkw erfasst.“ Bedeutet das jetzt, dass wir nie mehr helfen sollen? Natürlich nicht. Es ist aber allergrößte Vorsicht geboten.

Das zweite Szenario

Einzelfälle sind keine Statistik, doch eines ist klar, das Fahren der Brummis ist ein stressiger Knochenjob und Lkw Unfälle sind häufiger tödlich als Pkw Unfälle. Wieder befinden wir uns am Weinsberger Kreuz. Ein Lkw fährt ungebremst in die Leitplanke. Als die Rettungskräfte den polnischen Fahrer aus dem Fahrerraum holen sehen sie, dass ein Backstein auf dem Gaspedal liegt. Sie schauen sich fragend an. Wie kann ein Fahrer so verantwortungslos handeln? Es stellt sich heraus, dass der Brummifahrer vor Schmerzen kaum sitzen kann. Bei der Untersuchung im Krankenhaus finden wir einen fetten Abszess am Anus. Fazit: Sie müssen mit allem rechnen.

So handeln Sie richtig

Versuchen Sie bei Autoproblemen, möglichst noch einen Parkplatz zu erreichen. Wenn Sie auf dem Standstreifen anhalten müssen, dann stellen Sie das Warnblinklicht an, schnappen sich Warndreieck und Warnwesten und lassen den Kofferraum offenstehen. Dann geht es erstmal ab hinter die Leitplanke! Alle Mitfahrer steigen in Richtung Leitplanke aus. Holen Sie sich per Mobiltelefon Hilfe, z. B. beim ADAC.

Helfen kann Leben retten

Zum Thema Helfen kann ich aus eigener Erfahrung von meinem Glück im Unglück berichten. Wir befinden uns in der Zeitrechnung vor der Handy Ära. Es war nachts und ich hatte bereits an zwei Tankstellen angehalten, um Kühlwasser nachzufüllen. Bei Pfungstadt kochte der Motor dann total über. Im Kindersitz hinter mir schlief mein vier Jahre alter Sohn. Der kalte Regen ließ mich frösteln. Wie sollte ich zur Notrufsäule kommen? Ich konnte ja mein schlafendes Kind nicht im Auto sitzen lassen, und zum Tragen war er schon zu schwer. Ich war völlig verzweifelt, als zwei Scheinwerfer langsam auf dem Standstreifen auf mich zurollten und hinter meinem Ford stehen blieben. Ein Pärchen stieg aus, fokussierte mich und sagte: „Du bist es ja gar nicht.“ Eigentlich wollten Sie einem Verwandten helfen, der einen Kilometer vor mir auf dem Standstreifen liegen geblieben war. Natürlich durften wir bis zur nächsten Autobahnraststätte mitfahren.

Viel zu billig

Aus Medizinersicht sind 55 Euro Bußgeld für das bloße Fahren auf dem Seitenstreifen ein viel zu geringer Betrag. Auch die 75 Euro und ein Punkt in Flensburg für Autofahrer, die den Standstreifen dazu benutzen, um schneller voranzukommen sind nur ein Nasenwasser.

Quellen:

Urhebender Autor: Dr. Claudia Bignion

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Dr. Claudia Bignion

In ihrem schriftstellerischen Wirken vereint Dr. Claudia Bignion ihre langjährige Erfahrung in der Anästhesie und Notfallmedizin mit dem pädagogischen Wissen aus ihrer Tätigkeit als Oberstudienrätin. Seit 2018 legt Dr. Bignion ihren Fokus auf das zukunftsorientierte Fachgebiet der Stressmedizin. Besondere Begeisterung für ihre ärztliche Tätigkeit empfindet sie durch kleine medizinische Maßnahmen, die eine große Wirkung erzielen, manchmal sogar Leben retten.