Kolumne

Wenn die Grillparty zum Inferno wird . . .

Eine Stichflamme, drei Verbrannte, lebenslange Narben im Gesicht und auf dem Dekolleté -. Die unsachgemäße Handhabung des Kohlegrills fordert immer wieder Verbrennungsopfer.

In Deutschland ereignen sich durchschnittlich 4.000 Grillunfälle pro Jahr, so die Auskunft der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin. Jeder achte Grillunfall produziert schweren Verbrennungen, die einen Transport in ein Verbrennungszentrum erfordern.

Transport ins Verbrennungszentrum

„Guten Abend, mein Name ist Claudia Bignion, ich werde Sie jetzt in die Verbrennungsklinik nach Ludwigshafen bringen“, stellte ich mich der dunkelhaarigen Mittdreißigerin vor, nachdem ich den Krankentransportwagen bestiegen hatte. „Die Fahrt wird etwas mehr als eine Stunde dauern,“ setzte ich fort, während ich versuchte ihr Konterfei auszumachen. Viel konnte ich von meiner Patientin nicht erkennen, da ihr Gesicht, ihr Dekolleté und die Arme mit weißen, auseinandergefalteten Mullkompressen bedeckt waren.

Die Rettungskräfte hatten diese bereits mit Kochsalzlösung eingeweicht. Außerdem erhielt sie bereits die zweite Ringer-Infusion. Ihr Puls lag bei 120 Schläge pro Minute und ich überlegte mir, welchen Anteil die Aufregung und welchen Anteil ihr Flüssigkeitsverlust wohl ausmachte. „Bitte sagen Sie mir welche Stellen wir nachkühlen sollen“, äußerte ich mit ruhiger Stimme. Nach ihrer Anweisung beträufelten wir die entsprechenden Mullkompressen dann über den Infusionsschlauch mit Kochsalzlösung. Nach 80 Minuten Fahrt und 700 ml Kühlflüssigkeitsaufwand kamen wir in Friedrichshafen an.

Der Unfallhergang

wenn die grillparty zum inferno wird 300x169 - Wenn die Grillparty zum Inferno wird . . .„Ein Jugendlicher hat Spiritus auf die glühenden Kohlen geschüttet, weil sie nicht so richtig brennen wollten. Dann gab es eine Stichflamme, die mehrere Meter hoch war“, berichtete die gelernte Kosmetikerin. „Ihm ist nichts passiert, weil der Wind für ihn von hinten kam. Zwei seiner Freunde und ich standen genau in Windrichtung. Uns hat es voll erwischt.“ Während sie redete, erlaubte ich mir einen Blick unter die Mullkompressen zu werfen.

Ich wollte den Schweregrad und das Ausmaß der Verbrennung bestimmen. Wie ich vermutete lösten sich die oberen beiden Hautschichten ab und nässten. Prompt kam die Standardfrage: „Werde ich Narben zurückbehalten?“ „Das kann momentan leider niemand vorhersehen. Bei mittelgradigen Verbrennungen kommt es millimetergenau auf die Verbrennungstiefe im Hautniveau an.“ Verkohlungen waren kaum vorhanden. Diese wären auch nicht schmerzhaft gewesen, da die versengten Nervenendigungen nicht mehr zur Schmerzleitung funktionsfähig sind. Circa neun Prozent der Körperoberfläche waren betroffen. Diese Stellen prägte ich mir genau ein, da ich sie in Ludwigshafen in das Verbrennungsprotokoll würde eintragen müssen.

Kühlen, kühlen, kühlen

Ortswechsel – Schulalltag: „Das Gewebe speichert Hitze. Deshalb ist das Kühlen angesagt“, erklärte ich meinen Altenpflegeschülern im Unterricht. „Wenn auf der Grillparty kein Wasser vorhanden ist, dann könnt ihr auch Bier verwenden“, fuhr ich fort. Zwei Wochen später saß ich vor den Korrekturen meiner Klassenarbeit. Aufgabe: Erklären Sie die Therapie bei Verbrennungen. Antwort: Mit Bier kühlen. Ich schmunzelte. Scherzkeks dachte ich, und wertete die Antwort mit einem Punkt als richtig. Bei der nächsten Schülerin fand ich dieselbe Antwort, und dann wieder und wieder und wieder. Die Klasse war sich einig, die Kühlung hatte mit Bier zu erfolgen. Weitere richtige Antworten sind: Wärmeerhalt an nicht verbrannten Stellen, damit der Patient nicht auskühlt und sterile Abdeckung. Die Infusionstherapie erfolgt bereits im Rettungswagen, die Wundversorgung dann im Krankenhaus.

Fazit:

Der Umgang mit den Kohlegrill erfordert Geduld und Übung. Ungeduldige können alternativ einen Gasgrill verwenden.

Quellen:

Urhebender Autor: Dr. Claudia Bignion

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