Erde

Der Erdmantel verformt sich nicht so, wie man denkt!

Sehr weit unter unseren Füßen, bewegt sich der Erdmantel, obwohl er fest ist. Diese Konvektionsbewegung ist jedoch so langsam, dass sie für uns nicht wahrnehmbar ist, und es ist eine große Herausforderung, ihre Mechanismen zu erforschen. Eine neue Studie hat nun gezeigt, dass sich der Erdmantel gar nicht so verformt, wie man bisher angenommen hat.

Es gibt Prozesse, die für uns völlig unbemerkt bleiben, die aber dennoch die Welt um uns herum bestimmen. Das ist bei der Mantellinienkonvektion der Fall. Denn während die Erdoberfläche in einer ständigen Bewegung ist, die als Plattentektonik bezeichnet wird, ist diese Dynamik eng mit dem Kriechen des Mantels weit unter unseren Füßen verbunden.

Dieses Kriechen von Material bei sehr hohem Druck und sehr hoher Temperatur, das als Mantelkonvektion bezeichnet wird, ist der eigentliche Motor der Plattenbewegung. Es findet jedoch auf einer Zeitskala statt, die viel größer ist als die unsere. Mit anderen Worten: Wenn wir beobachten könnten, wie sich der Mantel im Laufe eines Menschenlebens verändert, würden wir kaum Veränderungen feststellen. Die Veränderung ist zwar winzig, etwa ein Zentimeter pro Jahr, aber sie ist kontinuierlich und setzt sich so unfehlbar seit 4,5 Milliarden Jahren fort.

Die Tiefe Erde: eine noch so wenig verstandene Welt

Zu verstehen, wie sich diese gigantische Masse an mantelartigem Material im Laufe der Jahrmillionen „bewegt“, ist also keine leichte Aufgabe, da wir dank der geophysikalischen Bildgebungsmethoden nur über eine Momentaufnahme der Architektur des Erdmantels verfügen. Ein weiteres Problem ist, dass wir den Mantel nicht direkt beproben können und es daher schwierig ist, seine Zusammensetzung, insbesondere die der tieferen Regionen, genau zu bestimmen.

Es ist auch schwierig, die Druck- und Temperaturbedingungen, die im unteren Erdmantel in über 2000 km Tiefe herrschen, im Labor zu reproduzieren: 135 Gigapascal und etwa 3000 °C! Daraus ergeben sich erhebliche Unsicherheiten über die tatsächliche Funktionsweise der Mantelkonvektion und die damit verbundenen mineralogischen Prozesse.

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©Surachit, Wikimedia Commons, CC by-sa 3.0 -Die mantellische Konvektion: ein extrem langsamer Prozess, der den Motor der Plattentektonik darstellt.

Man darf nicht vergessen, dass der Mantel keine Flüssigkeit ist. Die Gesteine, aus denen er besteht, sind fest. Dennoch sind sie in der Lage, sich zu verformen, und zwar sehr langsam. Es handelt sich dabei um plastisches Kriechen, d. h. die Gesteine verformen sich duktil, ohne zu zerbrechen. Diese Verformung findet auf atomarer Ebene innerhalb des Kristallgitters statt. Atom für Atom breitet sich die Verformung so in Gesteinen aus, die einem enormen Druck ausgesetzt sind. Der Grund für diese Bewegung sind die großen Temperaturunterschiede zwischen dem oberen und dem unteren Teil des Mantels. Die Mantelkonvektion ist somit der Mechanismus, der den Transport von Wärme aus dem Erdinneren an die Oberfläche ermöglicht.

So viel zur ersten Ordnung. Im Detail sind die Dinge viel komplexer und noch weitgehend unbekannt.

Bridgmanit oder Periklas: Wer ist die Haselnuss?

Der untere Erdmantel besteht hauptsächlich aus einem magnesiumreichen Silikatmineral, das als Bridgmanit (MgSiO3) bezeichnet wird. Außerdem enthält er zu 25 % Periklas, ein Magnesiumoxid (MgO). Aus Laborexperimenten ist zwar bekannt, dass sich Periklas leichter verformen lässt als Bridgmanit, doch wie sich diese beiden Mineralien unter den Bedingungen des unteren Erdmantels und auf Zeitskalen von einer Million Jahren verhalten, war bislang unbekannt.

Eine neue Studie, die von Wissenschaftlern der Universität Lille durchgeführt und in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde, hätte diese Frage jedoch dank komplexer numerischer Modelle teilweise geklärt. Und dann die Überraschung! Es stellte sich heraus, dass Periklas über sehr lange Zeiträume ein umgekehrtes Verhalten zeigt als bisher angenommen. Dieses Mineral wäre in Wirklichkeit widerstandsfähiger als Bridgmanit. Und das ändert eine ganze Menge.

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©Chi Ma-Bridgmanit ist das Hauptmineral, aus dem der untere Erdmantel besteht.

Um das zu verstehen, stellen wir uns einen Brotaufstrich vor, der Haselnussstücke enthält. Bisher ging man davon aus, dass Periklas der teigige Teil ist und Bridgmanit die Haselnüsse. In diesem Fall muss man sich einen Teig vorstellen, der überwiegend aus Haselnüssen besteht. Den Ergebnissen zufolge wäre es genau umgekehrt: Der Periklas stellt die Haselnüsse dar und der Bridgmanit den Teig. In diesem Fall ist die Paste in der dominierenden Menge vorhanden und verformt sich um die festeren Periklaskörner.

Es wäre also die Hauptmineralphase, die die Deformation des tiefen Mantels steuert, und nicht die Minderheitsphase. Diese Ergebnisse dürften starke Auswirkungen auf die Art und Weise haben, wie wir die Mantelkonvektion auf der Erde, aber auch auf anderen Planeten, betrachten und modellieren.

 

 

Redaktion: Futura, verfasst von Morgane Gillard

Titelbild:©Maksym Yemelyanov, Adobe Stock- Eine neue Studie zeigt, dass sich der Erdmantel nicht so verformen würde, wie wir bisher angenommen haben! 

2.Abbildung: ©Surachit, Wikimedia Commons, CC by-sa 3.0

3.Abbildung: ©Chi Ma

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