Kuriosität des Lebens: Zwei Spinnen erschaffen eine Blume nach, um zu überleben.
Viele bedeutende wissenschaftliche Entdeckungen wurden durch Zufall gemacht. Dies ist keine Ausnahme: Wissenschaftler haben ein Spinnenpaar dabei erwischt, wie es sich zusammenschließt, um eine Blume nachzubilden! Die erste Beobachtung von kooperativer Mimikry, um Beute anzulocken und Räuber abzuwehren.
Es war einmal eine Spinne, die davon träumte, wie eine Blume auszusehen… Da sie dies nicht alleine schaffen konnte, tat sie sich mit einem Partner ihrer Art zusammen. Gemeinsam bildeten sie eine wunderschöne visuelle Täuschung, die sowohl für ihre Beute als auch für ihre Räuber bestimmt war. Eines Tages entdeckte ein Paar Umweltexperten der Universität Yunnan in China zufällig diese Kooperation und beschloss, sie in der Zeitschrift Frontiers in Ecology and the Environment zu dokumentieren. Die Geschichte dieser romantisch-strategischen Verbindung ist es wert, über die Grenzen hinaus gelesen zu werden.
Sie beginnt in einem tropischen Regenwald in Xishuangbanna im Südwesten Chinas. Shi-Mao Wu und Jiang-Yun Gao erforschen im Rahmen ihres Forschungsprojekts den Regenwald, als sie auf eine Spinne stoßen, die offensichtlich versucht, die Blumen um sie herum zu imitieren.
Als sie näher kamen, stellten sie fest, dass es sich um zwei übereinander liegende Spinnen handelte, die zusammenarbeiten, um das Bild der Blume nachzubilden. Was die Forscher noch nicht wissen, ist, dass sie die ersten Zeugen einer kooperativen Mimikry sind, die noch nie zuvor bei einer Spezies beobachtet worden war.
Zu zweit sind wir stärker!
Diese Spinnen, mit dem lateinischen Namen Thomisus guangxicus, gehören zur Familie der Krabbenspinnen, den Thomisidae. Sie überleben, indem sie mit der Umgebung verschmelzen, um sich einerseits vor ihren Fressfeinden – meist Vögeln – zu verstecken und andererseits ihre Beute – meist blütenbesuchende Insekten – einzufangen. Das von den Forschern beobachtete Paar bestand aus einem Männchen und einem Weibchen. Das Weibchen hatte das Aussehen von blassweißen Blütenblättern, die die verschmolzene Krone der Blume nachahmten. Das Männchen hingegen, das viel kleiner war und auf dem Rücken des Weibchens positioniert war, nahm das Aussehen des Stempels und der Staubblätter an. Das Duo imitierte perfekt die Blüten der Hoya pandatura aus der Familie der Asclepiadaceae, von denen es umgeben war.
Könnte dies das Ergebnis einer Koevolution sein?
Die Reproduktion der Komplexität dieser Blume ist nur durch die Anwesenheit von Spinnen beider Geschlechter möglich. Es handelt sich um einen Fall von Kooperation mit doppeltem Nutzen, der das mimetische Potenzial von männlichen und weiblichen Spinnen erweitert: Die Individuen verbessern ihr Überleben als Beute und ihre Effizienz als Räuber. Wie haben sie sich so gemeinsam entwickelt? Diese Frage stellen sich nun die Forscher. Die Untersuchung der Koevolution dieser männlichen und weiblichen Spinnen könnte einen Ansatzpunkt zum Verständnis der Entstehung und der Vielfalt kooperativer Mimikry innerhalb des Lebens darstellen.
Redaktion: Futura, verfasst von Léa Picon.
Titelbild: © Dall-E, ChatGPT4, Open AI (KI-generierte Illustration)
-Diese kleinen männlichen und weiblichen Krabbenspinnen bündeln ihre Kräfte, um ihre Umgebung zu imitieren und inmitten von Blumen zu überleben.
2. Abbildung: © Shi-Mao Wu, Jiang-Yun Gao
Marlene ist seit 25 Jahren Fotografin und Künstlerin. Ihre Leidenschaft für Sprachen und interkulturelle Kommunikation entwickelte sie durch internationale fotojournalistische Arbeiten. Heute nutzt sie ihre weitreichende Erfahrung auch als Korrekturleserin und übersetzt journalistische Artikel vom Französischen ins Deutsche. Marlene stellt sicher, dass jeder Text seine Authentizität bewahrt und an die sprachlichen sowie kulturellen Besonderheiten des deutschsprachigen Publikums angepasst wird.