Impfschutz: Wieso braucht man eine zweite Corona Impfung?

Für die meisten Impfungen gegen Covid sind zwei Injektionen erforderlich. Aber ist die zweite Dosis wirklich notwendig? Wie wird der Abstand zwischen den beiden Impfungen festgelegt und wie schafft es der Johnson & Johnson-Impfstoff, auch mit einer einzigen Dosis wirksam zu sein?

Drei der vier von der Europäischen Arzneimittelbehörde zugelassenen Impfstoffe (Pfizer/BioNTech, Moderna und AstraZeneca) erfordern zwei Injektionen. Die erste Dosis führt das Zielantigen in den Körper ein, während die zweite Injektion seine Wirkung verstärkt und die Dauer der Immunantwort verlängert. Dies gilt insbesondere für Boten-RNA-Impfstoffe. „Diese Impfstoffe brauchen eine Auffrischung, um die T-Lymphozyten zu reaktivieren, die ihrerseits die Antikörper produzierenden Gedächtnis-B-Lymphozyten stimulieren“, erklärt William Petri, Professor für Medizin an der Universität von Virginia.

Wie wird der Abstand zwischen den beiden Dosen festgelegt?

Die geeignete Impfstrategie baut auf empirischen Daten auf. Mit anderen Worten, sie werden von den Laboratorien selbst auf der Grundlage von klinischen Versuchen empfohlen. In Deutschland empfiehlt die STIKO, die Ständige Impfkommission, unter welchen Umständen welche Impfungen durchgeführt werden sollten. Die Empfehlungen werden immer wieder auf Basis neuer Erkenntnisse angepasst.

In Bezug auf den AstraZeneca-Impfstoff zeigte eine Studie in The Lancet, dass die Wirksamkeit des Impfstoffs bei einem Abstand von 12 Wochen höher war als bei einem Abstand von 6 Wochen (81% gegenüber 55%), wobei die Antikörperbindungsreaktion doppelt so hoch war. Kurzum, die Verlängerung des Zeitraums zwischen den Dosen scheint nicht wirklich ein Problem darzustellen. Die angepasste Strategie im Vereinigten Königreich ermöglicht es so vor allem, möglichst viele Menschen schneller zu impfen, ohne Dosen zurücklegen zu müssen.

Könnte man auf die zweite Dosis verzichten?

Der Unterschied zwischen den beiden Dosen ist nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennbar. So berichtet die Nationale Agentur für Arzneimittelsicherheit (ANSM) in Frankreich von einer Wirksamkeit von 86,7 % 10 Tage nach der ersten Injektion für den Pfizer-Impfstoff gegenüber 95 % 7 Tage nach der zweiten Dosis. Warum sollte man also um jeden Preis versuchen, zweimal zu impfen? „Es besteht das Risiko einer geringeren Wirksamkeit, die viel weniger dauerhaft ist“, warnt das Team von Professor Fischer.

„Die Dauer des klinischen Schutzes, der nach einer ersten Dosis erreicht wird, ist nicht bekannt und kann über das im Studienprotokoll gewählte Verabreichungsfenster hinaus (d. h. 42 Tage) nicht garantiert werden“, erinnert die ANSM. „Die Verabreichung einer einzigen Impfstoffdosis ist keine Option, deren Wirksamkeit nachgewiesen wurde, insbesondere nicht über einen längeren Zeitraum. Diese Option kann daher nicht bewusst oder gar systematisch in Betracht gezogen werden“.

Warum benötigt der Impfstoff von Johnson & Johnson nur eine einzige Dosis?

Der Impfstoff von Janssen (Tochterunternehmen von Johnson & Johnson), der am 12. März von der Europäischen Arzneimittelbehörde für gültig erklärt wurde, verspricht dennoch eine Wirksamkeit von 66% nach einer einzigen Dosis und sogar 76% gegen schwere Formen der Krankheit. Für das Labor handelt es sich dabei jedoch eher um ein Werbeargument als um einen echten wissenschaftlichen Unterschied.

Denn die Teilnehmer wurden nach der Impfung nur acht Wochen lang beobachtet, und es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Immunantwort danach nicht nachlassen wird. Das Labor hat übrigens im November 2020 Versuche mit zwei Injektionen im Abstand von 57 Tagen begonnen. „Die vorläufigen Daten zeigen, dass das Impfschema mit zwei Dosen anstelle nur einer Injektion die Menge der gegen SARS-CoV-2 gebildeten Antikörper um das Zwei- bis Dreifache erhöht“, so INSERM, das Nationale Institut für Gesundheit und Medizinische Forschung in Frankreich, das die Studie beaufsichtigt.

Aufgrund der Natur dieses Impfstoffs (ein Adenovirus, das als genetischer Vektor für Sars-Cov-2-Proteine dient) wäre eine zweite Injektion jedoch nicht unbedingt von Vorteil: Das Immunsystem könnte das Vektorvirus bei der zweiten Dosis erkennen und es eliminieren, bevor es überhaupt wirken kann, erklärten die Wissenschaftler in Le Figaro.

Eine einzige Dosis für bereits infizierte Personen

Bei Personen, die bereits mit dem Virus infiziert sind, ist hingegen erwiesen, dass nur eine Impfstoffdosis erforderlich ist. „Personen, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 hatten, unabhängig davon, ob sie eine symptomatische Form von Covid-19 entwickelt haben oder nicht, sollten für mindestens drei Monate als durch die postinfektiöse Immunität geschützt angesehen werden […]“, so die HAS, die obersten Gesundheitsbehörde in Frankreich. „Die einmalige Impfstoffdosis spielt dann die Rolle einer Auffrischungsimpfung“. In diesem Fall sollte die Impfung innerhalb von 6 Monaten nach der Infektion durchgeführt werden.

Urhebender Autor: Céline Deluzarche