Chemie

Hat die Wissenschaft die „unerklärliche Kraft“ identifiziert, die 1959 neun Wanderer in Russland tötete?

Der Fall des Dyatlov-Passes ist Teil der russischen Folklore. Es ist die inzwischen mythische Geschichte von neun Wanderern, die 1959 im Ural unter bis dato ungeklärten Umständen Opfer einer “unerklärliche Kraft“ wurden und ums Leben kamen. Forscher zeigen nun jedoch auf, dass die Umstände dieser Tragödie wissenschaftlich erklärbar sind.

Ein zerrissenes Zelt. Fast nackte Körper. Ausgestochene Augen. Dies ist die Horror-Szene, die Rettungskräfte bei der Suche nach einer Gruppe von neun Wanderern vorfanden, welche sich Ende Januar 1959 aufgemacht hatten, den Berg Kholat Syakhl (Ural, Russland) zu bezwingen. Die erfahrenen Wanderer wurden in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar vom Dyatlov-Pass – der diesen Namen zum Gedenken an den Führer der Gruppe trägt – herunter gefegt. Bisher angeblich durch eine „unerklärliche Kraft“.

lawinengefahr 300x169 - Hat die Wissenschaft die "unerklärliche Kraft" identifiziert, die 1959 neun Wanderer in Russland tötete?Es gibt verschiedene Szenarien, die sich laut einiger Veschwörungstheoretiker damals abgespielt haben könnten. Einige haben einen Angriff des Yeti in Betracht gezogen, andere geheime militärische Experimente. Und wieder andere vermuteten eine außerirdische Intervention.

Im Jahr 2019 erwirkten die Angehörigen der Opfer die Wiederaufnahme der Ermittlungen. Denn sie waren nicht überzeugt von der Schlussfolgerung, die auf eine Lawine als plausibelste Ursache der Tragödie hindeutete. „Weil die Behörden nicht erklärt haben, wie es passiert ist“, teilte Johan Gaume, ein Forscher an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL, Schweiz), in einer Erklärung mit.

Einige Details zu diesem Unglück kamen auch der Öffentlichkeit immer wieder seltsam vor. Da war beispielsweise die Tatsache, dass die Rettungskräfte vor Ort keine offensichtlichen Spuren einer Lawine feststellen konnten. Oder, dass der durchschnittliche Winkel des Hanges über dem Standort des Wanderzeltes zu klein zu sein scheint. Abschließend auch die Tatsache, dass die an den Wanderern gefundenen Verletzungen nicht den Verletzungen entsprachen, die üblicherweise an Körpern von Lawinenopfern gefunden werden.

Doch jetzt kommt die Wissenschaft ins Spiel. Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ, Schweiz) und der EPFL haben die sowjetischen Archive durchforstet. Sie sprachen sogar mit denen, die den Standort damals untersucht hatten. Und sie entwickelten analytische und numerische Modelle mit dem Ziel, die angebliche Lawine zu rekonstruieren, die das Leben der Wanderer auf dem Dyatlov-Pass gefordert haben könnte. Modelle, die nicht nur eine plausible Erklärung für das Mysterium des Dyatlov-Passes liefern, sondern nun auch zum besseren Verständnis von Lawinenabgängen und den damit verbundenen Risiken verwendet werden können.

ungluck djatlow pass theorie 300x225 - Hat die Wissenschaft die "unerklärliche Kraft" identifiziert, die 1959 neun Wanderer in Russland tötete?Demnach erlaubt es die lokale Topographie, dass sich an diesem mit weniger als 30° relativ sanften Hang, eine kleine Schneebrettlawine bilden kann, ohne wirklich sichtbare Spuren zu hinterlassen. Eine kleine Lawine kann jedoch ähnliche Verletzungen verursachen, wie sie an den Körpern der Wanderer zu beobachten waren.

Forscher weisen auch auf das Zusammentreffen von zwei tödlichen Umständen an diesem Abend hin. Die Tatsache zum Beispiel, dass die Wanderer die Schneedecke durchbrachen, indem sie ihre Zelte am Hang aufstellten. Anderenfalls wäre gar nichts passiert. Aber auch der Umstand, dass es zu dieser Zeit genügend starke katabatische Winde gab; schwere Winde, die den Hang hinunterwehten und sich damit langsam eine zusätzliche Schneelast über dem Zelt ansammelten. „An einem bestimmten Punkt könnte sich ein Riss gebildet und fortgepflanzt haben und die Schneedecke zum Nachgeben gebracht haben“, erklärt Alexander Puzrin, Forscher für Geotechnik an der ETHZ. „Dies ist ein starker Beweis dafür, dass die Lawinenhypothese plausibel ist. Auch wenn niemand wirklich weiß, was in dieser Nacht passiert ist.“

Urhebender Autor: Nathalie Mayer

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