Wie ein Sonnensturm das Internet für mehrere Wochen k.o. schlagen könnte.
Es gibt Dinge, die können die unter 20-Jährigen nicht mehr erleben. Diese Zeit, in der der Montmartre seine Fliederbüsche bis unter unsere Fenster hängte. Aber auch diese Zeit, als das Internet noch nicht in unser Leben eingedrungen war. Und selbst uns fällt es vielleicht schwer, uns noch daran zu erinnern, wie die Welt damals war. Aber das ist egal, denn das Internet wird immer da sein. Nicht so sicher, meinen Forscher heute. Ein großer Sonnensturm könnte unsere Verbindungen für mehrere Wochen unterbrechen!
Unsere Sonne erlebt derzeit eine Phase besonders starker Aktivität. Eine Eruption der Klasse X folgt der nächsten. Sie sind die stärksten in der von Astronomen erstellten Klassifizierung. Das Ergebnis war, dass vor einigen Tagen Nordlichter den Himmel über Frankreich erhellten. Das ist die wunderbarste aller Folgen der Sonnenaktivität. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass unsere Erde ständig von einem Sonnenwind umweht wird, der aus geladenen Teilchen besteht. Meistens werden diese von dem Magnetfeld, das unseren Planeten umgibt, abgefangen. Doch manchmal wird der Sonnenwind zu einem Sturm. Die Forscher sprechen dann von einem geomagnetischen Sturm. Mit der Möglichkeit, dass sich diese Art von Sturm über die Pole bis in unsere Atmosphäre schleicht. Und das kann zur Entstehung von Nordlichtern führen. Aber auch, und das ist weniger aufregend, unsere Navigationssysteme und Stromnetze zu gefährden. Und sogar unsere Kommunikationsnetze.
Forscher der University of California in Irvine (USA) argumentieren nun, dass die Folgen eines solchen Sonnensturms schlimmer sein könnten als erwartet. Ein ungünstiges Weltraumwetter – ein ausreichend großer koronaler Massenauswurf – könnte zu einem Blackout des Internetnetzes führen. Ein Ausfall, der mehrere Wochen dauern könnte. Vielleicht sogar mehrere Monate.
Glücklicherweise sind solche Sonnenstürme selten. Zumindest die, die es schaffen, die Erde zu treffen. Die Forscher schätzen – in einer noch nicht von Fachkollegen überprüften Studie – dass die Wahrscheinlichkeit, dass einer von ihnen eintritt, zwischen 1,6 und 12 % pro Jahrzehnt liegt. In unserer jüngeren Geschichte erinnern sich die Wissenschaftler vor allem an einen von ihnen, das berühmte Carrington-Ereignis aus dem Jahr 1859. Er hatte die Telegrafendrähte in Brand gesetzt.
It's probably true that a big solar storm could lead to internet disruptions, but that might be the least of the problems. It could also cause major power outages and damages that might take months to repair. I talked about this here:https://t.co/0lyPU6nAfg
— Sabine Hossenfelder (@skdh) September 7, 2021
Sich nicht überraschen lassen
Seitdem hat die Abhängigkeit unserer Gesellschaft von der Technologie und insbesondere vom Internet stetig zugenommen. Die Betreiber des Stromnetzes beziehen das Risiko von Sonnenstürmen mit ein. Es gibt jedoch nur wenige Studien zu den potenziellen Auswirkungen, die ein solches Ereignis auf das globale Internetnetz haben könnte. Ihr Urteil: Die Infrastruktur ist nicht vorbereitet.
Um die Kontinente miteinander zu verbinden, schlängeln sich nämlich lange Kabel über den Meeresgrund. Sie sind mit Repeatern ausgestattet, um die Signale zu verstärken. Diese sind jedoch besonders anfällig für geomagnetische Ströme, die durch geladene Teilchen von der Sonne verursacht werden. Wenn ein einziger Repeater ausfällt, kann die Funktion eines ganzen Kabels in Frage gestellt werden. Glücklicherweise wurde das Netz so gebaut, dass es ausfallsicher ist. Und auf andere Wege ausweichen kann, wenn der direkteste Weg unterbrochen wird. Wenn jedoch genügend Repeater gleichzeitig ausfallen, besteht die Gefahr, dass ganze Kontinente voneinander abgeschnitten werden. Die Reparaturen in Unterwasserumgebungen sind immer heikel.
Schon jetzt schätzen Forscher, dass eine eintägige Unterbrechung der Internetverbindung in den USA mehr als 7 Milliarden Dollar kosten würde. Stellen Sie sich also einen Blackout vor, der Wochen oder Monate dauern könnte…. Die Forscher warnen, dass wir, wenn der nächste Sonnensturm bei unserem Stern festgestellt wird, etwa 13 Stunden Zeit haben werden, um zu reagieren. Es wäre also besser, sich schon vorher vorzubereiten, indem man mehr Kabel in den niedrigen Breitengraden verlegt — denn die hohen Breitengrade sind stärker gefährdet und dort befinden sich unter anderem die Kabel, die Europa und die USA verbinden, oberhalb von 40° nördlicher Breite –, die Unterwasserkabel besser isoliert und z. B. Elastizitätstests entwickelt. Auch Satelliten, die ebenfalls für die Verbindungen genutzt werden, könnten betroffen sein. Eine gute Nachricht gibt es dennoch. Die Forscher behaupten, dass lokale Verbindungen besser standhalten dürften. Glasfaserkabel werden nicht von geomagnetischen Strömen beeinflusst.
Redaktion: Futura, verfasst von Nathalie Mayer.
Titelbild:© muratart, Adobe Stock-Ein ausreichend starker Sonnensturm könnte zu einem Blackout unseres Internetnetzes führen.
2.Abbildung:©Nmedia, Adobe Stock
Marlene ist seit 25 Jahren Fotografin und Künstlerin. Ihre Leidenschaft für Sprachen und interkulturelle Kommunikation entwickelte sie durch internationale fotojournalistische Arbeiten. Heute nutzt sie ihre weitreichende Erfahrung auch als Korrekturleserin und übersetzt journalistische Artikel vom Französischen ins Deutsche. Marlene stellt sicher, dass jeder Text seine Authentizität bewahrt und an die sprachlichen sowie kulturellen Besonderheiten des deutschsprachigen Publikums angepasst wird.