Wirtschaft

Was hat es mit der Suburbanisierung auf sich?

Wenn es Menschen vom Land in die Stadt zieht, dann bezeichnet man dieses Phänomen als Urbanisierung. Weniger bekannt ist jedoch, dass es auch den gegenteiligen Effekt der Suburbanisierung gibt. Von dieser ist die Rede, sobald ein immer größerer Teil der Bevölkerung aus der Kernstadt an den Stadtrand oder in kleinere Vororte zieht. Die Beweggründe sind unterschiedlich und auch die Folgen für die Städte sowie die ländlichen Regionen können sehr ambivalent ausfallen. Seit einigen Jahren kann eine Zunahme bei der Abwanderung beobachtet werden. Nicht selten hängt dies mit steigenden Mieten, aber auch dem Wunsch nach weniger Stress im Alltag zusammen.

Was bedeutet Suburbanisierung?

Ob in Eigenregie oder ganz bequem mit der Umzugsfirma: Immer mehr Leute verlassen die Ballungszentren, um sich an den Stadträndern niederzulassen oder gleich ganz aufs Land zu ziehen. In der Geographie nennt man dieses Phänomen „Suburbanisierung“. Der Vorgang beschreibt zugleich das Gegenteil der bekannteren Urbanisierung und lässt sich in verschiedene Formen unterteilen. Beschränkt sich der Wegzug auf Anwohner, wird dieser Vorgang als Bevölkerungssuburbanisierung bezeichnet. Darüber hinaus gibt es aber auch eine Gewerbe- und Industriesuburbanisierung. Diese findet statt, wenn Betriebe ihre Standorte von der Kernstadt an den Stadtrand oder in Vororte verlagern. Ähnlich verhält es sich mit der Dienstleistungssuburbanisierung. Wichtig zu wissen ist, dass alle drei Typen der Suburbanisierung miteinander wechselwirken und sich gegenseitig beeinflussen. So ist die Abwanderung von Dienstleistern (dazu wird hier häufig auch der Einzelhandel gezählt) meistens eine Reaktion auf die gestiegene Nachfrage aufgrund einer Bevölkerungssuburbanisierung in zuvor weniger dicht besiedelten Gebieten. Bei einer detaillierten Betrachtung lassen sich außerdem noch unterschiedliche Ausprägungen der Suburbanisierung unterscheiden. Die Forschung unterscheidet hier unter anderem zwischen einer Kern-Rand-Wanderung und einer Stadt-Umland-Wanderung.

Gründe für die Stadtflucht

Während im Falle von Unternehmen und Geschäften vor allem wirtschaftliche Gründe dafür ausschlaggebend sind, die Standorte in suburbane Gegenden zu verlagern, steht für die Bevölkerung die Lebensqualität im Vordergrund. Da das Stadtleben häufig hektisch, laut und dadurch schnell unattraktiv wirken kann, neigen besonders junge Stadtfamilien zum Umzug in die Kleinstadt oder zumindest einen ruhigeren Bezirk. In den letzten Jahren ist aber vermehrt ein weiterer triftiger Grund hinzugekommen: die steigenden Mieten.

Kein bezahlbarer Wohnraum in der Stadt

Gentrifizierung, Inflation und Steuern machen vielen das Leben in der Metropole madig. Das Grundstück oder die Wohnung auf dem Land ist deutlich günstiger als der vergleichbare Wohnraum in der Stadt. Diese Tatsache ist nicht neu, doch die Mietpreisexplosionen mancherorts haben dieses Problem zum derzeit vielleicht wichtigsten Grund für die Suburbanisierung gemacht. Hinzukommt der generelle Wohnraummangel. Selbst bei einem hohen Einkommen finden manche kein passendes Objekt in Zentrumsnähe und müssen ihren Suchradius zwangsläufig auf den äußeren Stadtrand oder Vororte erweitern.

Wunsch nach Entschleunigung und weniger Stress

Manche möchten aber auch gar nicht im Großstadtchaos leben, sondern lieber in einer viel ruhigeren Klein- oder Mittelstadt. Die geringere Bevölkerungsdichte in ländlichen Regionen ist deshalb für nicht wenige Stadtflüchtige der ausschlaggebende Grund. Allein die Tatsache, dass es dort leiser und weniger hektisch ist, empfinden immer mehr Menschen als wohltuend. Sie tauschen eine gute Anbindung an den ÖPNV oder die ständige Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen bewusst gegen einen entschleunigten Lebensstil ein.

Bessere Luftqualität und Nähe zur Natur

Der Verkehr in der Stadt produziert nicht nur Lärm und Stress, sondern auch Emissionen. Darunter leidet die Luftqualität und insbesondere Personen mit Atemwegserkrankungen machen Staub und Abgase schwer zu schaffen. Da die Straßen am Stadtrand oder in den Vororten weniger stark befahren sind, ist auch die Luft sauberer. Die geringere Konzentration an Abgasen aus Heizungsanlagen trägt ebenfalls zu einer besseren Luftqualität auf dem Land bei. Darüber hinaus schätzen viele Bewohner dieser Regionen die Nähe zur Natur. Für einen Ausflug in den Wald müssen Landbewohner sich nicht erst stundenlang durch den Großstadtdschungel kämpfen.

Folgen durch die Abwanderung aus den Kernstädten

Natürlich bleibt eine verstärkte Suburbanisierung nicht ohne Folgen. Die Auswirkungen für die Kernstadt und die ländlichen Gebiete sind jedoch sehr unterschiedlich. Während die Abwanderung der Stadtbevölkerung in weniger dicht besiedelte Gebiete zwangsläufig auch zu einem Magneten für Industrie, Handel und Dienstleister wird, wodurch vor Ort Arbeitsplätze entstehen, dominieren in der Stadt eher die Nachteile. Schrumpfende Einwohnerzahlen bedeuten nämlich auch geringere Steuereinnahmen. Daraus resultieren langfristig weniger gut gefüllte Kassen, was spätestens nach der Flucht von Industrieunternehmen und Gewerbetreibenden spürbar wird. Gleichzeitig wandern damit selbstverständlich auch Arbeitsplätze ab, wodurch Arbeitssuchende wiederum aufs Land gezogen werden. An dieser Stelle wird die sich selbst verstärkende Dynamik der Suburbanisierung sichtbar. Positiv hingegen ist die Verringerung des Verkehrsaufkommens einer verbesserten Luftqualität. Allerdings muss beachtet werden, dass die Emissionen nicht gänzlich verschwinden, sondern sich einfach nur von der Stadt aufs Land verlagern. Politik, Wirtschaft und die Stadtplanung müssen die Trends zur Urbanisierung oder Suburbanisierung bei Bauvorhaben und immer berücksichtigen.

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pixabay.com ©Geraldfriedrich2 CCO Public Domain

Gibt es einen Trend zur Suburbanisierung?

Politik und Forschung beschäftigen sich aktuell verstärkt mit dem Thema Suburbanisierung – und das aus gutem Grund. Momentan ist das Niveau der „Wanderungsverluste der Städte“ so hoch, wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Zuletzt haben die Städte in Deutschland 1994 ähnlich viele Einwohner an ländliche Regionen verloren. Das haben aktuelle Erhebungen des Statistischen Bundesamtes ergeben. Bei kreisfreien Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern zeigt sich der Effekt am deutlichsten. Als Ursachen für den auffälligen Anstieg sehen Experten die hohen Mieten in den Großstädten und die geringeren Anforderungen an Mobilität, durch den Umstieg vieler Unternehmen auf flexiblere Remote-Working-Modelle. Die Städter zwischen 30 und 49 Jahren sowie Teenager gehören zu den Gruppen, die am häufigsten in kleinere Gemeinden umziehen. Am geringsten ist die Abwanderungsquote hingegen bei den 18- bis 29-Jährigen.

 

Beitrag verfasst von Luis Spang.

Titelbild: pixabay.com ©Catkin CCO Public Domain

2. Abbildung: pixabay.com ©Geraldfriedrich2 CCO Public Domain

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