Osmium: Rare Seltenheit mit ungeahnten Qualitäten
Osmium in seiner reinen Form ist ein Schwermetall mit einem bläulichen Glanz. Es gilt als das härteste Metall unter den Platinmetallen und weist die höchste Dichte aller Elemente auf.
Auch in der Welt der Chemie gibt es manche Spätstarter. Osmium ist ein Paradebeispiel dafür. Vor genau 220 Jahren, im Jahre 1803, wurde das Platinmetall mit dem Elementsymbol „Os“ und der Ordnungszahl 76 entdeckt. Doch erst jetzt startet das spröde, markant stahlblaue Metall so richtig durch.
Absolut formstabil und damit fälschungssicher
Im Gegensatz etwa zu Gold, das leicht formbar ist und damit einen sehr dankbaren Werkstoff für jeden Schmuckkünstler darstellt, ist Osmium in kristalliner Form absolut formstabil. Zum Prozess der Kristallisation verrät Ingo Wolf (Direktor des deutschen Osmium Instituts): „Kristallisation ist ein Produktionsschritt, der auf die mehrfache Hochreinigung folgt. Sie lagert wie bei der Transition von Carbon zu Diamanten die Atome des Osmiums um. Als Ergebnis hat man zwei Arten von Kristallen. Nach der Kristallisation wird das Osmium geschnitten und zertifiziert. Der Offcut wird in den Prozess zurückgeführt, damit kein Milligramm verloren geht. Die Kristallisation findet bei extremen Temperatur- und Druckverhältnissen statt, die sehr schwer zu erzeugen und zu kontrollieren sind. Deshalb wird sie mehrfach durchgeführt, bis die Ergebnisse den hohen Anforderungen der Schmuckindustrie genügen.“ Es kann damit nicht mechanisch oder chemisch verändert werden. Das macht die Arbeit mit Osmium spannend, aber auch herausfordernd. Zugleich aber auch jederzeit einzigartig – aufgrund seiner chemischen Eigenschaften kann Osmium nicht gefälscht werden.
Jede Oberfläche mit ihrer eigenen kristallinen Struktur ähnelt dem menschlichen Fingerabdruck. Wie die Linien auf einem Daumen oder Zeigefinger sind die mikroskopischen Strukturen eines Osmium-Diamanten verblüffend facettenreich – es gibt Millionen an Varianten. Bereits bei der Größe von nur einem Quadratmillimeter beziffern Experten die Sicherheit von Osmium um 10.000-fach höher als bei einem menschlichen Fingerabdruck.
Auch andere Zahlen über Osmium verblüffen und werfen die Frage auf, warum das Metall erst jetzt so richtig aus dem Schatten etwa von Gold hervorgetreten ist: Rohosmium wird mit einer Reinheit von 99,9 Prozent ausgeliefert. Manche Analyseinstitute können die niedrigen Verunreinigungen nicht mehr mit ihren Geräten messen. Folgerichtig wird kristallines Osmium sogar von Messgeräteherstellern für das Eichen von Geräten eingesetzt. Osmium ist zudem absolut resistent gegen Korrosion, Strahlung oder Verfärbung.
Wertvolles Nebenprodukt der Platinförderung
Osmium ist das seltenste nicht-radioaktive Element der Welt. Doch was sich in der Natur selten macht, hat bekanntlich seinen Preis. Osmium wird meist als Nebenprodukt der Platinförderung gewonnen. Da Osmium so selten in der Natur vorkommt, lohnt sich die reine Osmium-Förderung wirtschaftlich nicht. Die aktuelle Fördermenge liegt bei rund einer Tonne jährlich – bei den kristallisierten Mengen sind es sogar nur wenige Hundert Kilogramm im Jahr. Eine Unze Osmium wird aus rund 10.000 Tonnen Platinerz gewonnen und hat in etwa das Volumen eines Zuckerwürfels. 17 Kubikmeter Osmium befinden sich nach Schätzungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern noch unter der Erde. Der Gesamtmarkt für Osmium hat nach aktuellen Preisen einen Wert von rund 35 Milliarden Euro.
Der Reiz des Osmiums spielt sich im Bereich von Bruchteilen von Millimetern ab: Die Strukturen der Kristalle besitzen eine Schichtdicke von rund einem Millimeter. Die Rückseite der Kristalle schimmert zwar auch, ist aber eben und weniger spektakulär. Das könnte zum Trugschluss verleiten, dass die Osmium-Kristalle auf einem anderen Metall aufgebracht seien. Doch das ist falsch. Die Kristallisation beginnt vielmehr an vielen unterschiedlichen Punkten parallel. Daher sind die Kristalle sehr klein und brechen beim weiteren Wachstum nach oben auf.
Mit bloßem Auge noch aus 30 Metern sichtbares Funkeln
Das Funkeln bei kleineren Kristallen ist zurückhaltender. Kristalle mit der höchsten Reflexion sind aus einer Entfernung von bis zu 30 Metern noch mit dem menschlichen Auge zu sehen. Das übertrifft alles, was etwa bei Diamanten möglich ist.
Schmuckhersteller und Juweliere haben beim Umgang mit dem wertvollen Werkstoff zwar künstlerisch freie Hand, müssen beim Einpassen aber auf strenge Verarbeitungsrichtlinien achten. Die Gralshüter dieser Regeln, die auch die Gutachter schulen, sind die Osmium-Institute.
So gewährleistet die deutsche „Osmium-Institut zur Inverkehrbringung und Zertifizierung von Osmium GmbH“ nach eigenen Worten den einheitlichen internationalen Handel sowie die Verarbeitung von kristallinem Osmium. Osmium-Institute gibt es heute bereits auf vier Kontinenten. Das deutsche Osmium Institut ist der Nachfolger der Commodity-Trade GmbH. Das Unternehmen verfügte bereits über eine lange Tradition im Metallhandel.
Die Juweliere, die Osmium verwenden, kümmern sich im wahrsten Sinn um den Feinschliff. Sie setzen dabei auf angelieferte Inlays – wie ein Zahnarzt, der einem Inlay im Gebiss des Patienten den letzten Schliff verpasst und darauf achtet, dass alles richtig sitzt und gut aussieht. Um die Anfertigung der Inlays selbst kümmert sich etwa die Oslery GmbH aus Baierbrunn in Bayern.
Beitrag verfasst von Viktor Neumann.
Titelbild: Freepik, fxquadro – Osmium in seiner reinen Form ist ein Schwermetall mit einem bläulichen Glanz. Es gilt als das härteste Metall unter den Platinmetallen und weist die höchste Dichte aller Elemente auf.
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