Technik

Europa erhält seine eigene elektromagnetische Kanone

Eine Railgun auf einem Lastwagen für Europas Armeen? Das will Europa mit seinem geplanten Demonstrationsgerät „Thema“ erreichen. Diese Railgun soll im Jahr 2028 ihre ersten Schüsse abgeben.

Europa strebt die Entwicklung einer eigenen elektromagnetischen Kanone, auch Railgun genannt, an. Das Thema-Projekt, das mit 15 Millionen Euro aus dem Europäischen Verteidigungsfonds finanziert wird, soll zur Herstellung eines Demonstrators führen, der später industrialisiert werden soll. Die Waffe soll die Systeme der See- und Landstreitkräfte ergänzen. Die „Herausforderung“ wird von 14 europäischen Partnern geleitet, die im Thema-Konsortium zusammengefasst sind. Das Ganze wird von dem Industrieunternehmen Nexter (KNDS) in Abstimmung mit Naval Groupe, Dielh und dem deutsch-französischen Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) geleitet. Das Projekt folgt auf eine erste Konzeptphase, die 2020 begonnen wurde. Sie wurde Pilum genannt und führte zur Entwicklung eines Prototyps. Wie Futura im Zusammenhang mit dem Pilum-Projekt berichtete, beruhen elektromagnetische Kanonen auf einer recht grundlegenden Technologie.

Das Prinzip beruht auf einer Theorie aus dem 19. Jahrhundert, der sogenannten Laplace-Kraft. Diese Kraft wirkt auf ein geladenes Teilchen, das sich in einem Magnetfeld bewegt.

Bei einer Railgun wird ein sehr starker elektrischer Strom mit einem starken Magnetfeld kombiniert, das sich auf zwei leitenden Schienen befindet. Das Projektil, das zwischen den Schienen positioniert wird, wird zwischen den Schienen stark beschleunigt und auf Hyperschallgeschwindigkeit beschleunigt, d. h. auf über Mach 5. Ein solches Geschoss ohne Sprengstoff könnte ein Ziel in 200 Kilometern Entfernung treffen, d. h. eine Entfernung, die fünfmal größer ist als die eines herkömmlichen Artilleriesystems. Diese hohe Geschwindigkeit schränkt die Abfangmöglichkeiten des Gegners ein. Die Sicherheit in der Nähe der Waffe wird erhöht, da es keine Lagerung von Sprengstoff gibt und die Kosten für einen Schuss auf einige zehntausend Euro begrenzt sind. Ein Preis, der weit unter dem des Einsatzes einer Rakete liegt. Dieses Waffensystem hat jedoch auch Nachteile, die schwer auf der Waage wiegen. Der erste ist die für einen Schuss erforderliche Leistung. Man muss nämlich in der Lage sein, innerhalb von Millisekunden eine gewaltige Energieleistung zu erzeugen. Experten schätzen, dass die Hälfte der Energie des Flugzeugträgers Charles-de-Gaulle für einen Schuss aufgewendet werden müsste. Unter diesen Umständen ist es schwierig, eine hohe Feuerrate zu erreichen.

Auf dem Weg zu einer Kanone auf einem Landfahrzeug

Ein weiteres großes Problem ist die hohe Temperatur, der die Schienen ausgesetzt sind. 

Diese Nachteile haben wahrscheinlich dazu geführt, dass die Amerikaner, die bei dieser Art von Programmen sehr fortschrittlich sind, die Entwicklung von Prototypen auf ein Minimum beschränkt haben. Heute setzt das US-Militär zunehmend auf Laserkanonen. Japan, China und sogar Frankreich setzen hingegen immer noch auf die Railgun-Technologie. Im Rahmen des Pilum-Projekts waren jedoch wichtige Verbesserungen erzielt worden. Um den Reibungsverschleiß und die extreme Hitze zu verringern, halfen spezielle Materialien, die Lebensdauer des Railgun-Laufs erheblich zu verlängern.

Auch bei der Energiebereitstellung gelang es dem Projekt, die Energiedichte um 25 % zu erhöhen. Die Wissenschaftler arbeiteten auch an einem induktiven Energiekonzept namens XRAM. Es würde eine effizientere Speicherung von magnetischer Energie ermöglichen. Mit dem Thema-Projekt sollte die Arbeit über diese Konzepte hinausgehen und in die Reifephase eintreten. Schließlich wurden mit den Prototypen der Projektile Geschwindigkeiten von bis zu Mach 6 erreicht. Mit diesen Verbesserungen schätzt das Konsortium, dass ein funktionsfähiger Demonstrator bis 2028 auf einem Schießplatz eingesetzt werden könnte.

 Im Gegensatz zu den Amerikanern, die die Waffe auf ein Schiff bringen wollten, streben die Partner eher eine Railgun an, die von einem Landfahrzeug transportiert wird. Da diese Konfiguration energieintensiv ist, wäre die Leistung der Kanone auf eine Reichweite von einigen Dutzend Kilometern beschränkt.

 

Redaktion: Futura, verfasst von Sylvain Biget.

Titelbild: © Gefo, Adobe Stock (mit KI generiertes Bild) -Die elektromagnetische Kanone, eine revolutionäre Waffe, die sich noch im Prototypenstadium befindet. 

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Marlene

Marlene ist seit 25 Jahren Fotografin und Künstlerin. Ihre Leidenschaft für Sprachen und interkulturelle Kommunikation entwickelte sie durch internationale fotojournalistische Arbeiten. Heute nutzt sie ihre weitreichende Erfahrung auch als Korrekturleserin und übersetzt journalistische Artikel vom Französischen ins Deutsche. Marlene stellt sicher, dass jeder Text seine Authentizität bewahrt und an die sprachlichen sowie kulturellen Besonderheiten des deutschsprachigen Publikums angepasst wird.

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