Geheimnisvolle Strukturen aus der Urgeschichte, kilometerweit unter der Erde entdeckt!
Die Verbindung zwischen den Menschen und der Unterwelt ist sicherlich viel stärker, als man zunächst vermuten würde. Für uns moderne Menschen mögen diese dunklen Gänge beängstigend wirken, doch für die Völker der Urgeschichte stellten sie einen sicheren Unterschlupf dar. Und vielleicht sogar noch mehr, wie die Fresken in vielen Höhlen belegen. Eine neue Studie zeigt außerdem, wie weit die Urmenschen in diese unterirdischen Gebiete vordringen konnten.
Oft stellt man sich die Urmenschen versammelt um ein Feuer am Eingang einer Höhle vor. Dank zahlreicher archäologischer Funde wissen wir, dass prähistorische Gruppen tatsächlich oft in diesen natürlichen Felsenwohnungen lebten. Es scheint jedoch, dass der bewohnte Bereich meistens auf den Höhleneingang oder höchstens den Eingangsbereich beschränkt war. Das bedeutet jedoch nicht, dass Homo sapiens und möglicherweise auch der Neandertaler vor ihm nicht auch weiter in diese unterirdischen, dunklen Gänge vorgedrungen sind.
Eine viel weiter gehende „Aneignung der Unterwelt“ als bisher angenommen
Viele bemalte Höhlen, wie die von Lascaux und Chauvet, belegen, dass die Menschen der Urgeschichte viel weiter in diese unterirdischen Netzwerke eindrangen. Die Fresken von Tieren wurden in entfernten Hallen entdeckt, die mehrere hundert Meter vom Eingang entfernt liegen. Dies ist ein Beweis dafür, dass die Urmenschen sich in diese dunkle Welt wagten, nicht um dort zu leben, sondern aus kulturellen und sicherlich auch rituellen Gründen.
Diese Aneignung der Unterwelt könnte sogar noch intensiver gewesen sein, als man bisher annahm. Zahlreiche kleine Hinweise zeigen, dass die Urmenschen vor etwa 10.000 Jahren mehrere Kilometer tief unter die Erde vordrangen!
Dieser menschliche Einfluss wurde durch die Entdeckung von seltsamen Strukturen aus zerbrochenen Stalagmiten in der Saint-Marcel-Höhle belegt.
Eines der größten unterirdischen Netzwerke Frankreichs
Diese Höhle, die am Eingang der Ardèche-Schlucht liegt, ist für ihre wunderschönen Stalaktitenformationen und die Artefakte bekannt, die im Eingangsbereich gefunden wurden. Diese Artefakte belegen, dass die Höhle in zwei unterschiedlichen prähistorischen Epochen bewohnt war: während des Mittelpaläolithikums vor etwa 100.000 Jahren und während des Oberpaläolithikums und Neolithikums vor etwa 8.000 Jahren.
Mit ihren 64 Kilometern an bereits kartierten Gängen ist diese Höhle das viertgrößte unterirdische Netzwerk Frankreichs. Sie erstreckt sich über fünf übereinanderliegende Ebenen, die zwischen +218 Metern und -107 Metern über dem Niveau der Ardèche liegen. Die unteren beiden Ebenen sind heute überflutet und aktiv, während die drei oberen als fossil gelten.
Bisher waren archäologische Studien jedoch nur auf den Bereich um den natürlichen Höhleneingang beschränkt, der durch eine breite, leicht begehbare Galerie gekennzeichnet ist. Forscher gingen davon aus, dass ein etwa zehn Meter tiefer Schacht das Ende dieses ersten Abschnitts markierte und für die prähistorischen Menschen unüberwindbar gewesen wäre. Sie lagen falsch.
Beweise auf menschliche Präsenz mehr als 2 km tief
Durch das Weitergehen hinter diesem Hindernis entdeckten Höhlenforscher Strukturen, die eindeutig nicht natürlichen Ursprungs waren. Hier wurden Stalagmiten zu Treppenstufen übereinander gestapelt, um einen Absatz zu überwinden. Weiter entfernt wurden zerbrochene Stalagmiten in Linien oder sogar im Kreis angeordnet. Diese Entdeckungen wurden 1 bis 2,5 Kilometer vom Höhleneingang entfernt gemacht. Detailliertere Analysen ergaben, dass einige dieser Stalagmiten mit Werkzeugen zerbrochen und dann nach einem durchdachten Plan auf dem Boden arrangiert worden waren. Insgesamt wurden etwa tausend Stalagmiten absichtlich bewegt.
Eine Studie, die in der Zeitschrift Journal of Archaeological Method and Theory veröffentlicht wurde, widerlegt zudem die Theorie, dass diese Anordnungen von modernen Entdeckern gemacht worden sein könnten. Die zerbrochenen und verschobenen Stalagmiten sind nämlich mit neuen Ablagerungen verbunden, deren Datierung zeigt, dass diese Anordnungen auf das späte Oberpaläolithikum und das europäische Mesolithikum vor etwa 10.000 Jahren zurückgehen.
Diese Ergebnisse belegen nicht nur, dass die Menschen der Urgeschichte keine Angst hatten, tief in das Netzwerk von Höhlen und Gängen vorzudringen, trotz der Dunkelheit und der zahlreichen schwierigen Hindernisse ohne spezielle Ausrüstung, sondern dass sie diesen unterirdischen Raum absichtlich strukturierten. Warum? Das ist die zentrale Frage, auf die es vermutlich keine eindeutige Antwort gibt, auch wenn man vermuten kann, dass diese Handlungen symbolische Bedeutung hatten, wie Jean-Jacques Delannoy, der Hauptautor der Studie, erklärt.
Autorin: Morgane Gillard
Titelbild: © Антон Сальников, Adobe Stock- Die Menschen der Urzeit haben die Höhlen viel tiefer erforscht, als bisher angenommen