Archäologen machen eine erschreckende Entdeckung über eine jahrhundertelang verborgene Höhlengesellschaft.
Während Archäologen noch vor wenigen Wochen in den spanischen Pyrenäen Überreste von Neandertalern untersuchten, zieht nun eine atypische mittelalterliche Gemeinschaft die Aufmerksamkeit auf sich. Über mehrere Jahrhunderte hinweg bildeten Menschen eine Höhlengesellschaft, die von Krankheiten, Inzucht und Gewalt geplagt war.
Scheinbar einfache Felsvorsprünge in Nordspanien zogen in den letzten Jahren dennoch die Aufmerksamkeit von Archäologen auf sich. Was war der Grund dafür? Die in den Fels gehauenen Höhlen beherbergten im Mittelalter über mehrere Jahrhunderte hinweg eine Höhlengesellschaft. Forscher versuchen, die Lebensweise dieses kleinen Volkes an dem Ort namens Las Gobas zu verstehen. Eine Studie, die am 28. August in Science Advances veröffentlicht wurde, enthält einige grausame Details über den harten und brutalen Lebensstil dieser unbekannten Gemeinschaft.
Das brutale Schicksal einer mittelalterlichen Höhlenbevölkerung
Als die Experten in die Gänge von Las Gobas vordrangen, untersuchten sie monatelang eine Gruppe von dreizehn Höhlen, die sogenannte “Cluster” bildeten. In diesen Höhlen gruben die Archäologen eine beträchtliche Menge an menschlichen Überresten aus.
Um Datierungen vorzunehmen und die Lebensweise der Menschen zu verstehen, wurden die Genome von 33 Personen anhand von 48 Skelettfragmenten untersucht. Die Forscher ermittelten einen Zeitraum für die Besiedlung der Stätte zwischen dem 7. und 11. Unter den dreißig untersuchten Leichen wiesen 22 Männer und elf Frauen Merkmale auf, die die Inzuchtrate oder die Auswirkungen von Infektionskrankheiten auf die Individuen bestimmen.
Infektionskrankheit, Inzucht und Gewalt
Die Wissenschaftler fanden Spuren von Pocken und stellten fest, dass die Bakterien im Mittelalter häufig in Schweinebeständen vorkamen. Die Ernährung der Gemeinschaft von Las Gobas basierte wahrscheinlich auf einer Schweinezucht, was die Verbreitung der Krankheit durch den Verzehr von infizierten Tieren erhöhte.
Ein weiterer Faktor, der die Höhlenbewohner beeinflusst haben könnte, ist die hohe Inzuchtrate. Nahezu 63% der Proben tragen diese Merkmale, mit geringen Abweichungen des Y-Chromosoms bei den Männern, über die fünf Jahrhunderte der Besiedlung hinweg. Die Paarungen sowie die Fortpflanzung hätten sich nicht auf Individuen außerhalb der Gemeinschaft ausgeweitet.
Eine weitere Beobachtung der Archäologen hebt die Spuren von Gewalt an einigen Skeletten hervor. Schädel aus den ersten Jahrhunderten der Besiedlung von Las Gobas weisen Löcher oder Risse auf, die von den Wissenschaftlern mit Schwerthieben gleichgesetzt werden.
Die komplexe demografische Geschichte der Iberischen Halbinsel
Im Mittelalter erlebte Spanien zahlreiche demografische Veränderungen, wobei die Bevölkerungsbewegungen parallel zu den politischen Veränderungen in Westeuropa verliefen. Von den römischen Truppen über die westgotischen Krieger, die arabischen Eroberer und die christliche Rückeroberung enthüllt Spanien immer wieder seine Einzigartigkeit. Die Ausgrabungsstätte Las Gobas ist eines der Beispiele dafür, dass einige Gesellschaften einen autarken Lebensstil pflegten, weit entfernt von den großen Städten wie Toledo oder Barcelona, die sich in dieser Zeit schnell entwickelten.
Las Gobas ist eine wertvolle archäologische Fundstätte für Forscher, die belegt, dass Pockenepidemien Auswirkungen auf die zurückgezogen lebenden Gemeinschaften haben konnten. Obwohl die Stätte nach dem 11. Jahrhundert verlassen wurde und sich in eine entvölkerte Nekropole verwandelte, sind in diesen einst vergessenen Höhlen fünf Jahrhunderte Geschichte markiert.
Redaktion: Futura, verfasst von Dorian De Schaepmeester.
Titelbild: © GPAC, Universität des spanischen Baskenlandes – Die Stätte Las Gobas in Nordspanien beherbergte im Mittelalter eine Höhlengesellschaft.
2. Abbildung: © Varela, Pochon and al. – An der Fundstelle ausgegrabene Schädel zeugen von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Individuen vor Ort.
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